Wohlsborn

Lebenswerte Gemeinde im Weimarer Land

Pferdesport in Wohlsborn

Beitrag veröffentlicht am: 29.08.2005 | Autor: Ortschronist Thomas Fischer

Foto: von Ortschronist Thomas Fischer

Anfang der 1950er Jahre, wenige Jahre nach dem Ende des 2.WK hatte sich vieles in den Orten des Kreises Weimar normalisiert. Neben der tĂ€glichen harten Arbeit wurde auch wieder mehr Sport getrieben. Neben Fußball war das Reiten eine bevorzugte Sportart. Auch in Wohlsborn trafen sich junge Bauern, um gemeinsam diesen Sport auszuĂŒben.
Anfang 1952 organisierten sie sich in der SG (Sportgemeinschaft) Wohlsborn, Sektion Pferdesport. Die Idee dazu hatten Gerhard und Ewald Mund, Lothar Gernhard, Hugo und Gerhard SĂ€dler. Gerhard Mund wurde Sektionsleiter, Lothar Gernhard Kassierer. In die SG traten neben den genannten Sportfreunden noch Werner Hasse und Bruno Menge ein.

Dazu kamen noch aus Rohrbach Rolf Kaufmann (auch Ewald Mund wohnte damals bereits in Rohrbach), aus Leutenthal Martin Löder, Armin Berbig, Martin Kaufmann, Harry SteinhĂ€user, aus Großobringen Lothar Querndt, Herbert MĂ€hler, aus Kleinobringen Manfred Sundhaus und aus Schöndorf Helmut Schöps sowie Konrad Schneu. Anfangs war auch Wolfgang Gröbe aus Pfiffelbach, sowie einer der Reichmuths aus Großobringen dabei. Zeitweilig ritten Suse Machetanz aus Liebstedt und Bernd Röder aus Ballstedt mit. SpĂ€ter ritt auch Heinrich Nimmrich mit.

In Wohlsborn existierte 1952 nur ein Sportplatz, vorwiegend fĂŒr den Fußball. Deshalb wurde anfangs in Rohrbach auf dem Reitplatz im GutsgelĂ€nde trainiert. Der erste Reitlehrer war der Betriebsleiter des Gutes, Emil Rost.

Quadrille, kommandiert von Emil Rost

Auch Herr KuchenbĂ€cker aus Rohrbach trainierte die SG. Das erste Reit-, Spring- und Fahrturnier fand am 11.April 1953 in ButtstĂ€dt statt, von der Wohlsborner SG organisiert! Da sich am 11. April 1945 die HĂ€ftlinge des KZ Buchenwald selbst befreit hatten, durften am 11. April keine andersartigen Veranstaltungen durchgefĂŒhrt werden.


Erst durch die Genehmigung des Bezirksekretariats der SED, die persönlich beantragt wurde, konnte das Turnier starten. Es fand auf dem Rossplatz statt, der auch heute noch zum Pferdemarkt genutzt wird. Zu dieser Zeit war ein Turnierplatz in Wohlsborn bereits geplant. Er wurde neben dem Fußballplatz angelegt. Das Paul Nimmrich gehörende GrundstĂŒck wurde gegen ein gemeindeeigenes getauscht. Damit war es allerdings noch nicht nutzbar. Das hĂŒgelige GelĂ€nde war fĂŒr den Sport nicht geeignet. In vielen Stunden harter Arbeit wurde der Platz planiert. Der Bauunternehmer Haupt aus Sachsenhausen stellte Feldbahnloren und die dazu passenden Schienen kostenlos zur VerfĂŒgung. Wir Kinder sahen gebannt zu, wie die Loren gefĂŒllt, zum Zielort geschoben und dort entleert wurden. In relativ kurzer Zeit wurde aus dem hĂŒgeligen GelĂ€nde ein flacher Platz fĂŒr Parcours und Vorplatz.

Viele Wohlsborner vorwiegend Jugendliche beteiligten sich am Bau des Turnierplatzes. Arbeitlohn gab es nicht, alles wurde freiwillig und mit großer Freude gemacht. Zeit dafĂŒr war nur dann, wenn auf den Feldern keine Arbeiten zu erledigen waren. Nach der Planierung musste auch der Parcours eingezĂ€unt und Hindernisse fĂŒr das Springreiten gebaut werden. Alles das wurde selbst angefertigt, das Holz (Fichte) kam vorwiegend vom Ettersberg (sog. Bodenreformholz u.a. von L. Querndt und H. MĂ€hler). Als all dies fertig war, konnte endlich in Wohlsborn trainiert werden. Immer noch von Reitlehrer Rost, bis Gerhard Mund das Training ĂŒbernahm.

Gerhard Mund im ZweispÀnner in Leipzig

Insbesondere bei der Dressur kam es auf genaue AusfĂŒhrung der Kommandos an. Das wurde durch Pfiffe mit Trillerpfeifen vorgegeben. NatĂŒrlich wurde das Ergebnis des Trainings in einem Turnier in Wohlsborn umgesetzt. Dazu kamen Reiter aus den SG anderer Orte des Kreises. Diese Veranstaltungen wurden von sehr vielen Einwohnern und GĂ€sten besucht. Die Organisation des Turniers erforderte einen hohen Zeitaufwand. Mit den einzelnen Reitern musste konkret abgestimmt werden, wer, wann, was zu tun hatte. Die Pferde, die am Vortag gebracht wurden, mussten in StĂ€llen untergebracht werden. Und das Wetter musste mitspielen. Ein Turnier, so erzĂ€hlte Gerhard Mund, musste wegen Gewitter und anschließendem Hochwasser ausfallen – die Reiter wurden auf dem Saal der GaststĂ€tte „Zur Erholung“ Inh. Artur Strobach untergebracht, bis sich das Unwetter verzogen hatte. Umsonst die Vorbereitungen.

Die Wohlsborner SG zur 1000 Jahresfeier in Liebstedt

NatĂŒrlich nahmen die Sportler der Wohlsborner SG auch an den Turnieren in anderen Orten teil: Berlstedt, Bad Berka, Hopfgarten, Utzberg, Niederzimmern, ButtstĂ€dt, Rudersdorf, Apolda, Großneuhausen, im Park von Weimar und auf der Landwirtschaftsausstellung in Leipzig-Markkleeberg.

Festumzug in Wohlsborn

Turniere fanden vorwiegend ab April bis Mitte Juli statt, in einer Zeit, in der die Pferde nicht auf dem Feld gebraucht wurden.

Nach der Saison 1958 löste sich die SG auf. Die GST (Gesellschaft fĂŒr Sport und Technik) des Kreises Weimar mit ihrer Sektion Pferdesport im Marstall in Weimar bedrĂ€ngte die SG immer stĂ€rker, in die GST einzutreten. Das wollten die Sportfreunde nicht, wegen der Pferde, die ja keine reinen WarmblĂŒter, sondern schwere WarmblĂŒter waren und auch weil sich die GST immer mehr zu einer vormilitĂ€rischen Organisation entwickelte. Ein letztes mal fand in Wohlsborn eine Pferdesportveranstaltung anlĂ€sslich der 700 Jahrfeier im Juni 1969 statt. Lothar Gernhardt, der nach Berlstedt gezogen war, hatte organisiert, dass die SG Berlstedt ihr Können zeigte.


Dressur - Bruno Menge

Im Allgemeinen ritt jeder der Sportler die eigenen Pferde. Ausnahmen waren Gerhard SĂ€dler, der ein Pferd aus dem Stall von Paul Menge ritt, sein Bruder Hugo SĂ€dler, der ein Pferd von Löders aus Leutenthal ritt und Konrad Schneu aus Schöndorf, der ein Pferd des Schöndorfer Gutes ritt. In Wohlsborn zĂŒchteten vor allem Walter Mund und Paul Menge, tw. Auch Werner Hasse Pferde. Walter Mund hatte große Erfolge mit Oldenburgern, die spĂ€ter Schweres Warmblut genannt wurden. 1954 und 1957 wurden seine StaatsprĂ€mienstuten in Leipzig-Markkleeberg vorgefĂŒhrt. Diese Veranstaltungen dauerten jeweils 14 Tage und wĂ€hrend vormittags die Pferde vorgefĂŒhrt wurden, fanden nachmittags Turniere statt.


Wenige Jahre nach GrĂŒndung der LPG „Am BĂ€renhĂŒgel“ in Wohlsborn verdrĂ€ngte moderne Technik die Pferde in der Feldarbeit. Es gab immer weniger Pferde im Ort, Mitte der 60er Jahre gab es keine mehr. Die WeiterfĂŒhrung der Zucht lohnte nicht mehr – eine Ära ging zu Ende.

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