Wohlsborn

Lebenswerte Gemeinde im Weimarer Land

Die Laura

Beitrag veröffentlicht am: 30.07.2007 | Autor: Ortschronist Thomas Fischer

Foto: von Ortschronist Thomas Fischer

Wollte man in früheren Zeiten von Wohlsborn in einen anderen Ort reisen, blieben nur das Pferdefuhrwerk und das Laufen. Mit Gepäck per pedes zum Markt nach Weimar, das war schon eine Strapaze und brauchte seine Zeit. Das Pferdefuhrwerk war zwar bequemer, aber immer noch Zeit aufwendig.

Die erste deutsche Eisenbahnstrecke Nürnberg – Fürth 1835 zeigte eine gute Alternative. Bis auch Wohlsborn von diesem Verkehrsmittel profitieren konnte, vergingen aber noch mehr als 50 Jahre. Nördlich von Weimar gab es gegen Ende des 19. Jh. keine Eisenbahn. Gerade Orte wie Schloßvippach und Großrudestedt sowie Rastenberg und Buttstädt hatten größtes Interesse an einer Verbindung nach Weimar.

Das Großherzogtum hatte aber kein Geld, um eine Bahnstrecke, die ja nur regionale Bedeutung haben sollte, zu finanzieren. Schließlich wurde eine Schmalspurbahn (1m Spurweite) konzipiert und privat finanziert. Das Hauptanliegen dieser Kleinbahn war die verkehrstechnische Erschließung nördlich von Weimar sowie der Transport von Kali und Agrarprodukten. Von besonderer Bedeutung war der Zuckerrübentransport in die nahen Zuckerfabriken Walschleben, Großrudestedt und Straußfurt.

Die in die Strecke einbezogenen Orte mussten ihren Beitrag leisten, denn sie waren Teilhaber. Die Streckenführung wurde wie folgt festgelegt: Weimar – Schöndorf – Wohlsborn – Liebstedt – Sachsenhausen – Daasdorf – Buttelstedt – Schwerstedt – Neumark – Vippachedelhausen – Markvippach – Dielsdorf – Schloßvippach – Großrudestedt mit Abzweigung von Buttelstedt nach Krautheim – Großbrembach – Guthmannshausen – Mannstedt – Hardisleben – Rastenberg. Später kam noch ein Abzweig von Mannstedt nach Buttstädt hinzu.

Am 1.5.1886 wurde mit dem Bau begonnen. Am 26.6.1887 wurde der öffentliche Personenverkehr eröffnet. Jeder dieser Orte hatte ein Stationsgebäude, das nach den selben Plänen gebaut wurde. Dazu steht in der Chronik: „Im Jahr 1886 bis 1887 wurde die Weimar - Rastenberger Eisenbahn als Schmalspurbahn gebaut. Die Bahnpolizeiliche Begehung geschah am 30. Juni 1886. Danach wurde am 1. September in der hiesigen Flur und zwar an der höchsten Stelle der Strecke mit der Arbeit begonnen. Die trockne und milde Witterung des Herbstes hatte auch die Erdarbeiten sowie den Aufbau der Stationsgebäude an der Weimar-Buttelstedt-Großrudestedter Bahn außerordentlich gefördert. Die Gesellschaft Sonderop in Berlin und die Dresdner Bank finanzierten die schmalspurige Bahn. Die Gemeinde zahlte zum Bau der Station 1000 Mark. Am 25. Juni 1887 fand die Einweihungsfahrt der Eisenbahn statt, zu der alle Bürgermeister der umliegenden Orte eingeladen waren. Am Tag darauf wurde der regelmäßige Betrieb eröffnet. Die polizeiliche Abnahme der Bahn fand am 15. Juli statt.

Die Bahn brachte zwar unbestreitbare Vorteile, doch worauf man am meisten rechnete, billige Frachtsätze für den Transport von Torf, Kohlen und Briketts, aber auch für Getreide und Zuckerrüben, trat nicht ein. Diese Frachtsätze waren zu teuer.“ Die Hoffnung auf Gewinn erfüllte sich also für die Eigentümer der Bahn nicht und so wurde die Teilstrecke Buttelstedt – Rastenberg bereits 1923 stillgelegt und nachfolgend abgebaut. Aber auch der übrige Teil brachte keine Gewinne ein, obwohl der Personenverkehr Mitte der 30er Jahre noch einmal zunahm. Die Konkurrenz durch die eingerichteten Omnibuslinien wurde immer größer.

Im 2. Weltkrieg wurde die Bahn immer mehr vernachlässigt, was zu größeren Betriebsstörungen führte. Anfang 1945 wurde der Betrieb eingestellt und erst später wieder aufgenommen. Das endgültige Aus kam im April 1946. Die Bahn fiel unter die Reparationsleistungen für die Sowjetunion. Bis Oktober 1946 war die Demontage abgeschlossen und alle Materialien und Fahrzeuge wurden in die SU verbracht.

Trotz mancher Mängel dieser Kleinbahn war sie doch eine über lange Zeit wichtige Institution auch für die Wohlsborner. Schon bald hatte die Bahn den Namen „Laura“ erhalten, weil man oft auf sie „lauern“ musste. Mit der Aufnahme des Personenverkehrs gab es eine bequeme Möglichkeit in Orte zu kommen, die mit der Bahn verbunden waren. Besonders die Möglichkeiten in Weimar arbeiten zu können oder einen Beruf zu erlernen, waren erst durch diese Verkehrsanbindung günstig geworden. Aber auch das Gespräch mit Mitreisenden aus den verschiedenen Orten war günstiger geworden, nicht nur auf Kirmes oder ähnliche Veranstaltungen beschränkt.

Zweimal war die Strecke zwischen Wohlsborn und Schöndorf so eingeschneit, dass die Bahn nicht weiter fahren konnte und erst frei geschaufelt werden musste. Das war im Winter 1928/29 und einmal in den 40er Jahren.

Im Stationsgebäude war gleichzeitig eine Wohnung für den Stationsvorsteher untergebracht. Der letzte Stationsvorsteher war Erwin Trübenbach, seine Frau Olga war auch seine Stellvertreterin, die die Fahrkarten verkaufte. Die Familie Trübenbach wohnte bis 1952 in dem Gebäude. Danach vermietete die Gemeinde das Gebäude an Familie Demmer, die es später kaufte. 1997 wurde es an Familie Kanold verkauft.

Von der Trasse ist der Abschnitt ab Flurgrenze zu Schöndorf bis zum ehemaligen Stationsgebäude noch zu erahnen. Die übrige Trasse wurde wieder zu Ackerland. Inzwischen gibt es den Laura Radwanderweg, der von Weimar über Schöndorf, Wohlsborn, Sachsenhausen bis Daasdorf über wenig befahrene Landstraßen, Feld- oder Wirtschaftswege führt und ab Buttelstedt bis Großrudestedt die ehemalige Bahntrasse nutzt.

Durch Wohlsborn führte noch immer keine Buslinie, aber ab November 1946 wurde die „Buchenwaldbahn“ für den öffentlichen Personenverkehr freigegeben. Etwa 100 m hinter dem „Hölzchen“ von Wohlsborn in Richtung Schöndorf gesehen, wurde links neben der Straße ein Wellblechgebäude als Haltepunkt für die Bahn errichtet. Bis Oktober 1953 konnte man zwischen Großobringen und Weimar die Bahn benutzen. Danach wurde der Personenverkehr aus Sicherheitsgründen eingestellt. Diese Bahnlinie wurde ab 1943 vorwiegend von Buchenwaldhäftlingen in schwerer körperlicher Arbeit erbaut in erster Linie zum Materialtransport für das Rüstungswerk auf dem Buchenwald in der Nähe des KZ und zum Transport von Häftlingen. Die Bahn zweigte auf der Höhe des kleinen Ettersberges von der Schmalspurbahn Weimar-Buttelstedt ab und verlief als Normalspurbahn oberhalb des „Hölzchens“ und unterhalb der Schanze in Richtung Großobringen und danach an der Buchenwaldstraße entlang bis zum Bahnhof Buchenwald innerhalb des Lagers. Wegen des zur Zeit des Baus schon deutlich spürbaren Baumaterialmangels wurde der Bahnbetrieb zwar am 23. Juni 1943 eröffnet, ein planmäßiger Betrieb war jedoch nicht möglich. Selbst Anfang 1945, nach der „Fertigstellung“ der Anschlussbahn, waren ständig Häftlinge im Einsatz, die die mangelhaft verlegten Gleise befahrbar halten mussten. Auch als 1949 die Deutsche Reichsbahn die Anlage übernahm, wurde an der Strecke nur ausgebessert, da sie zu unrentabel war. Im Frühjahr 1954 wurde mit dem Rückbau von Buchenwald bis Großobringen begonnen. Bis etwa 1966 verkehrten noch vereinzelt Güterzüge bis Großobringen. Dann wurde auch der Rest abgebaut.

Der Personennahverkehr nach Weimar wurde durch die Fa. Weißleder aus Weimar übernommen. Sie realisierte den Berufsverkehr mit einer Verbindung 6.00 Uhr Wohlsborn nach Weimar und 16.30 von Weimar nach Wohlsborn und zurück von Montag bis Freitag und am Sonnabend erfolgte mittags die Rückfahrt. Es war schon ein besonderes Erlebnis mit diesem „Bus“ zu fahren, denn es handelte sich um einen LKW mit „Personenkabine“ in der Holzbänke eingebaut waren. Obwohl als „Hühnerkasten“ belächelt, war er für seine Pünktlichkeit bekannt, er fiel auch nie aus, solange er für Wohlsborn fuhr. Später kamen noch weitere Linien hinzu, die bis Rohrbach bzw. Pfiffelbach und zurück nach Weimar fuhren. Zu Hauptverkehrszeiten war selbst ein Stehplatz fast umkämpft. Weitergehende Informationen zur „Laura“ und Buchenwaldbahn finden Sie indem neu aufgelegten Buch „Die Laura“ aus dem Verlag Rockstuhl.